Kunstverein in Hamburg, 27.01.–14.04.24

Silke Otto-Knapp: Bühnenbilder

Group (Pyramid), 2020, Aquarell auf Leinwand, 150 × 170 cm, Sammlung W15

Silke Otto-Knapp (* 1970 in Bohmte; † 9. Oktober 2022 in Pasadena) hat seit Mitte der 1990er Jahre einen einzigartigen Ansatz verfolgt, der auf formale und thematische Fragen der Darstellung und Verkörperung performativer Künste im Medium der Malerei reagiert und diese reflektiert. Im Zentrum der Ausstellung Bühnenbilder steht Otto-Knapps Werkzyklus Versammlung (2022), der zu Lebzeiten von der Künstlerin für den Kunstverein in Hamburg entstand.

Mit Fokus auf Formen der ritualisierten Versammlung auf der Bühne setzt sich die in Niedersachsen geborene Künstlerin mit der Geschichte des Theaters, des Tanzes und des Filmes auseinander. Dabei hinterfragt sie die Beziehung von Probe und Praxis sowie von Aufführung und Ausstellung. Versammlung wird mit Otto-Knapps Arbeiten der letzten zehn Jahre in Dialog gesetzt.

Hier wird die formale Entwicklung vom Einzelwerk über das Tafelbild bis hin zur Malerei als Architektur in einer raumgreifenden, wandlosen Choreografie erkundet, welche die Künstlerin für den Kunstverein entwickelt hat. In einer, mit Aquarellpigmenten gemalten Grauskala erarbeitet Otto-Knapp ein reichhaltig referentielles Œuvre. Darstellungen mit Bezug zu Theater, Tanz, Film und Oper, vom individuellen Moment auf der Bühne bis zum vollen Proszenium, sind präsent in Werken, die das Verhältnis von negativem und positivem Raum, von Figur und Grund verhandeln. Erst durch die Choreografie der Körper im Bild wird der Raum als solcher lesbar. Eben diese Körper stehen im Zentrum eines Spannungsmomentes: zwischen der Unmöglichkeit der Darstellung von Bewegung im Medium der Malerei und der im Bild angelegten Potentialität des Körpers in Bewegung.

Die Choreografien, Bühnen und Kostüme, wie etwa von Anna Halprin, Natalja Gontscharowa, dem Judson Dance Theater oder Michael Clark, sind Teil des reichhaltigen Referenzsystems Otto-Knapps, welches eine erweiterte und differenzierte Kunstgeschichte, in der die Performance kunst und das Avantgardetheater als wichtige Strömungen und konstituierende Bewegungen der zeitgenössischen Kunst ausgewiesen sind. Die Tanzbühne ANNA HALPRINS figuriert als erste Arbeit in der Galerie der Ausstellung. Die Tanzbühne wurde 1954 vom Bühnenbildner Arch Lauterer und Anna Halprin’s Ehemann Lawrence Halprin in Kentfield, im Norden Kaliforniens erbaut. Sie ist nicht nur umrandet von Wald, Bäume wachsen durch die Bühnenbretter und werden selbst zum Teil jeder Performance. Durch Brüche mit Konventionen und der dezentralen Ausrichtung der Bühne entsteht eine neue Spannung zwischen Publikum, Tanzenden, der verwachsenen Architektur und dem Ort als pädagogischer Raum. Die Landschaft selbst wird Teil der Aufführung, wodurch sich eine mehrfache Entgrenzung des Bühnenbegriffs vollzieht. Die fehlende Eindeutigkeit der Ausrichtung der Bühne lässt entstehen, was Halprin selbst als „active witnessing” bezeichnet: tradierte Oppositionen lösen sich auf, das Publikum wird zum Teil der Performance. Diese Auflösungen und das Aufkommen neuer Bühnen ist ein zentrales Thema im Œuvre von Otto-Knapp.

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